Auf der Teestraßen-Route nach Norden

 
Xishuangbanna  
am Chuan He entlang

Nach etwa 20 Kilometern sind einige größere Straßen abgezweigt und es gibt mit einmal kaum noch Autoverkehr. Ab jetzt kann ich die Fahrt auch genießen. Ich bin erfreut, dass die alte Fernstraße 213 meistens durch den Wald führt. So habe ich einerseits Schatten bei der tropischen Wärme, und kann andererseits die mir größtenteils unbekannten Pflanzen bewundern.

Vom Regenwald über die Teeberge nach Pu‘er

Schon bald erreiche ich das „Wild Elephant Gulley“ ein Tal, in dem es wohl noch Wildelefanten gibt. Man hat dort auch einen Park angelegt, der wie in China üblich auch Eintritt kostet. Dort kann man als Besucher Elefantenshows ansehen, in Baumhäusern übernachten, und in gepflegter Parklandschaft spazieren. Da das Gebiet nicht eingezäunt ist, kann man auch – so man denn Glück hat – einen wilden Elefanten sehen, wenn diese am Fluss nach Nahrung suchen. Ich spare mir das Geld und unternehme dafür ab und zu kurze Abstecher zu Fuß in den Wald.
Wenig später höre ich das Geräusch von brechendem Geäst im Hang über mir. Es riecht auch nach Tieren, und da sehe ich auch schon die Elefantelosung auf der Straße. Ich halte an und schaue durch die Büsche nach oben. Da sehe ich einen Elefant, wie er mit seinem Rüssel nach Nahrung bricht. Eindrucksvoll. Allerdings höre ich auch das Klirren von schweren Eisenketten und beim genaueren Hinsehen bemerke ich, dass dem Elefant die Stoßzähne abgesägt sind. Es ist also wohl ein domestiziertes Tier, das ich beobachte. Das macht es aber nicht minder interessant.

Für den Rest des Tages geht es nun stetig und kurvenreich bergauf. Meinen ersten Zeltplatz finde ich dann auch im Wald. Insekten und andere Krabbeltiere gibt es jetzt in der Trockenzeit recht wenig, das soll mir gerade recht sein. Nur an einem Baum entdecke ich eine Straße an roten Ameisen. Im Abendlicht beobachte ich dafür zahlreiche Vögel, die in den blühenden Bäumen nach Nektar saugen. Es gibt außerdem kleine, schwarze Affen, allerdings sind diese zu flink für meine Kamera, oder ich bin einfach zu langsam. In der Dämmerung huschen auch noch einige Fledermäuse vorbei. Im Zelt liegend lausche ich den Geräuschen des Waldes: Vögel, Zikaden, Affen…

Der nächste Morgen bringt eine wunderschöne Fahrt, meist kurvig bergauf bergab durch Wald mit sich immer wieder bietenden Aussichten auf die Teeplantagen. Während ich im schattigen Wald radle, blicke ich auf eine Landschaft, die eindrucksvoll vom Menschen gestaltet ist. Terrassenartig sind die Berge bis zum Horizont mit Teebüschen überzogen. Das frische Grün der neu ausgetriebenen Teeblätter leuchtet in der Sonne, hier und da wird auch schon fleißig geerntet. Vereinzelt sehe ich sogar auch Plantagen, in denen Teebäume wachsen, eben jene ursprünglich aus diesen „Teebergen“ Südyunnans stammenden Bäume (Qingmao, Camellia sinensis), aus dessen Blättern seit etwa 1700 Jahren der sogenannte Pu’er Tee gemacht wird.

Gegen Mittag verlässt die Straße den schattigen Wald und führt nun für mehrere Kilometer in einem breiten Tal. Hier wird alles Mögliche angebaut: Kautschuk, Bananen, Kaffee, Drachenfrucht. Allerdings nicht immer schön, und nachhaltig wohl auch nicht. Vor allem die Bananenplantagen sind extrem intensiv, auch was den Gifteinsatz anbelangt. Aber wie es leider nun mal so ist: Angebaut wird, was Geld bringt. Und momentan bringen Bananen wohl Geld, so dass viele Reisfelder in Bananenplantagen umgewandelt wurden. Kautschuk war vor einigen Jahren stark angesagt, jetzt ist der Kautschukpreis aber so stark gesunken, dass sich teilweise der Betrieb der Kautschukplantagen nicht mehr lohnt.

Bananen (vorne), Tee und Kaffee (mitte), Kautschuk (hinten).

Die Strecke durch die Plantagenlandschaft zieht sich. Hier wird es wohl schwierig mit Zelten… Am Nachmittag geht es dann aber wieder bergauf und es kommen wieder Teeplantagen, die ich deutlich ästhetischer und abwechslungsreicher finde, als die Bananen- oder Kautschukplantagen im Tiefland.

Noch weiter bergauf, und es beginnt wieder Wald. Ich bemerke allerdings, dass es jetzt eher ein trockener, hartlaubiger Wald ist, mit Kiefern, Eichen und einigen anderen mir unbekannten Arten. Ich finde schließlich einen schönen Zeltplatz etwas erhöht über der Straße im Wald.

Am nächsten Morgen erreiche ich die große Stadt Pu’er. Eine typisch chinesische Stadt. Ich bin irgendwie enttäuscht, weil ich dachte, dass hier auch das Zentrum der Teeproduktion wäre, vor allem des berühmten gepressten Ziegeltees. Es ist aber eher so, dass die Bezeichnung „Pu’er Tee“ sich auf den Distrikt bezieht und nicht auf die Stadt, denn produziert wird der Tee größtenteils vor Ort in den kleinen Dörfern.
Interessant ist, und das werde ich auch in anderen größeren Städten immer wieder beobachten, dass die Gemüsefelder im Prinzip direkt bis an die Hochhäuser reichen. Jeder noch so kleine Flecken Land wird genutzt: Reis, Salate, Bohnen, Erbsen, Paprika, Möhren, Rettich, Zwiebeln, Tomaten, Raps, Kartoffeln. Es wird auf den kleinen Feldern einfach alles angebaut, was für die Küche so gebraucht wird. Jeder schwäbische Kleingärtner würde vor Neid erblassen, angesichts der akkurat und sorgfältig angelegten Gärten hier.

Xishuangbanna  
am Chuan He entlang