Radtour vom Hochgebirge in die Wüste

 
Über den Jebel Saghro  
Abstecher ins Qued Ourika, Marrakesch

Ait Benhaddou - Telouet

Sehr starker Gegenwind, wir kommen extrem langsam voran. Der starke und böige Wind ist auch nervig, weil wir dadurch mehr Platz auf der Straße brauchen. Begegnen sich genau auf unserer Höhe zwei Fahrzeuge, so geht’s immer sehr eng zu. Wir biegen nach Ait-Benhaddou ab. Der Wind bläst immer noch, aber wir freuen uns sehr, wieder auf einer kleinen Nebenstraße für uns Neues entdecken zu können. Die rote Farbe der Lehmerde begeistert uns, ebenso wie die Formen der durch die Gebirgsfaltung entstandenen Gesteinsstrukturen. Wir übernachten kurz hinter Ait-Benhaddou am Fluß Asif Mellah zwischen den Tamariskenbüschen. Nachts leichter Nieselregen.

Auf die Piste nach Telouet haben wir uns schon lange gefreut, denn eigentlich hatte ich geplant, auf dem "Hinweg nach Süden" hier entlang zu radeln. Damals hatten wir das wegen dem trüben Wetter nicht gemacht. Das trübe Wetter haben wir allerdings jetzt auch... Die Piste ist durchaus anspruchsvoll, da oft kurze, steile Anstiege zu bewältigen sind, gleichzeitig aber auch viele lose Steine auf der Piste liegen. Zwischendurch gibt es auch gute Abschnitte mit viel Lehmpiste, die Oberflächen sind aber vor allem nach dem Regen der letzten Tage von Eseln und Schafen/Ziegen zertreten. Eine Furt bewältigen wir schiebend durch das kalte Wasser. An einer steilen Serpentinenpassage mit besonders großen Steinen und losem Geröll kapitulieren wir abschnittsweise – wir schieben. So eine Piste kann man mit Gepäck nicht mehr bergauf fahren. Landschaftlich ist die Strecke sehr schön, wir folgen hier einem tiefen Tal nach Norden. Immer wieder gibt es tolle Aussichten in das tiefe Tal, da die Piste in der Regel am Hang entlang führt.

Es reiht sich ein Dorf an das nächste, wir empfinden die Bewohner aber nicht als aufdringlich, wie wir es von anderen Strecken leider schon kennengelernt haben. Ab dem Knick der Piste nach Westen beim Dorf Anemiter wieder Asphalt (zunächst aber mit sehr vielen Löchern versehen). Kurz vor Telouet erwischt uns dann wieder der Weststurm: Schneeflocken und Eisgraupeln treiben waagrecht über die Piste und uns von vorne ins Gesicht. In Telouet flüchten wir daher erst einmal in ein Restaurant und trinken einen Tee. Natürlich ist es laut dem Wirt unmöglich weiter zu fahren und überhaupt sollen wir doch lieber bleiben… Keine Chance - wir beschließen noch weiter zu fahren, das Schneetreiben hat auch schon etwas aufgehört. Wir radeln weiter, dunkle Wetterstimmung, blasse Sonne hinter Schneewolken. Lange finden wir keinen geeigneten Zeltplatz und so Übernachten wir schließlich etwa 12 km hinter Telouet in einem verfallenen Gemäuer (ohne Dach). Die Mauer ist aber immerhin ein guter Windschutz.

Tizi-N-Tichka zum zweiten

Am Morgen müssen wir das Zelt erst einmal vom Neuschnee (ca. 8 cm) befreien. Im frischen Neuschnee auf der kleinen Straße geht es bergauf in Richtung N9 und zum Tizi-N-Tichka. Die Sonne scheint zunächst, es macht Spaß auf dem durch den Wind fest gepressten Schnee zu radeln. Ein Auto kommt uns entgegen und wir sind froh um die Reifenspur. In der Spur ist der Schnee fest gepresst und wir können zügig radeln (sofern es uns gelingt, in der schmalen Spur zu bleiben). Auf den letzten 2 km bevor wir die N9 erreichen fängt es wieder heftig an zu schneien, und der Westwind (von vorne) setzt uns wieder ordentlich zu. Auf der N9 haben wir dann relativ viel Ruhe vor dem Wind, weil die Bergflanke diesen weitgehend abschirmt. Je weiter wir uns dann aber der Passhöhe nähern, desto stärker jagt uns der Sturm dann von der Passhöhe entgegen. Oben herrscht heftigster Schneesturm, teilweise ist die Sicht nur 20 Meter. Die Abfahrt erfordert wegen dem Eis auf der Straße und den Böen unsere volle Konzentration. Wir sind doch sehr froh darüber, dass der Pass für Fahrzeuge gesperrt ist, denn außer uns und den wenigen, liegengebliebenen Fahrzeugen ist kein Verkehr auf der Straße. Dadurch können wir die gesamte Straßenbreite für unsere Abfahrt nutzen. Die Schneepflüge arbeiten zwar, aber die haben hier keine Hartgummileiste unten am Pflug – so können sie gar nicht den Schnee abschieben, sondern nur etwa 5 cm über der Oberfläche dahin kratzen. Was bleibt ist je nach Außentemperatur zerfahrenes Schneemehl oder Schneematsch. Beides ist ideal für grobstollige Mountainbikereifen (die haben hier ja alle nur Sommerreifen…). Kurz vor Taddert geht das Schneetreiben dann in Schneeregen über, noch weiter unten regnet es dann in Strömen. In Taddert ist die Schranke unten, es herrscht pures Autochaos in der engen Straße. Alles ist völlig verstopft. Schnee liegt bis runter auf etwa 1400 m Höhe! In einer Regenpause halten wir kurz am Straßenrand um zu essen, ansonsten fahren wir weiter und weiter. Eine Alternativstrecke zur N9, die wir noch radeln wollten, als wir ein optimistisches Hoffen auf besseres Wetter hatten, lassen wir sein – auf Pistenfahrten bei Regen haben wir keine Lust. Es regnet, wie ich es schon lange nicht mehr auf einer Radtour erlebte (zuletzt in Norwegen, glaube ich…). Das Wasser steht teilweise auf der Straße, der Wind treibt uns die Tropfen ins Gesicht, und irgendwann ist alles naß. Größtenteils sind wir noch warm – nur vom Fahrtwind bergab sind die Hände etwas steif. Im strömenden Regen erreichen wir schließlich Ait Ourir, wo wir ein Appartement nehmen. Innerhalb kürzester Zeit ist das ganze Appartement in ein feuchtes Chaos verwandelt, erst nachdem wir um einen Wischmop bitten, können wir die aus der Kleidung tropfenden Seen etwas eindämmen.

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