Von Nord nach Süd auf dem Eis: Insel Olchon und Westküste
Sewerobaikalsk bis zur "heiligen Nase" | Südküste
und Baikalbahn |
Von Ust-Bargusin quer rüber zur Insel Ochon |
Blankes, schwarzes
Eis! Und Rückenwind! So muss es sein. Als wir Ust-Bargusin verlassen,
weht ein kräftiger Wind aus Osten, der uns voran treibt. Wir radeln
nun mehr oder weniger direkt nach Westen, auf das Nordkap der Insel
Olchon zu. Die Eisbedingungen sind nahezu perfekt, die Schneeoberfläche
ist fast weg und wir haben freie Fahrt in jede Richtung. Jetzt zeigen
die Spikes-Reifen ihre Stärke: Griffig beißen sie sich ins Eis, dass
es eine wahre Freude ist. Aufpassen müssen wir allerdings beim Anhalten,
denn unsere Schuhe haben keine Spikes... |
Das Eis ist so klar, dass man sich darin spiegelt, manchmal hat man sogar den Eindruck, dass die dunkle Oberfläche vor einem gar nicht Eis, sondern flüssiges Wasser ist... Unter der etwa 1.5 m dicken Eisschicht geht es dann noch einmal etwa 1000 Meter in die Tiefe, daher erscheint das klare Eis so dunkel. Ein seltsames Gefühl, nur durch einen Meter Eis von einem tiefen Abgrund getrennt zu sein...
Unterbrochen wird unsere Fahrt in regelmäßigen Abständen durch große Risse und Spalten. Die aufgeworfenen Eisschollen türmen sich manchmal meterhoch. Für uns mit unseren Fahrrädern stellen diese Spalten jedoch keine ernsten Hindernisse dar, meist finden wir eine geeignete Lücke, durch die wir problemlos schieben können.
Leider bleibt die Eisoberfläche nicht so ideal zum Radeln, zwischendurch gibt es immer wieder schneebedeckte Abschnitte und Packeisfelder. Die Schneeoberfläche ist jedoch meist trotzdem ganz gut zu radeln, vorausgesetzt man umfährt die wie Dünen aussehnden angewehten Schneehäufen.
Mitten zwischen der Südspitze der heiligen Nase und der Insel Olchon gelangen wir in ein ausgedehntes Packeisfeld: Der See muss hier stürmisch aufgewühlt gewesen sein, als er zugefroren ist. Bis zum Horizont erstrecken sich die Eisschollen, an Radeln ist hier nicht zu denken. Zunächst finden wir immer wieder schmale Lücken, in denen wir weiter in unsere Richtung fahren können, doch schließlich sind wir gefangen in dem Labyrinth aus dicken Eisschollen. Schieben ist angesagt, allerdings ist das bei diesen dicken, aufgewölbten Eisschollen gar nicht so einfach. Für einen Kilometer brauchen wir eine halbe Stunde... Wir beschließen, unser Gepäck etwas vorauszutragen und dann mit den "leeren" Fahrrädern leichter nach zu kommen. Wir tragen also die Ausrüstung für 20 Minuten voraus, gehen zurück und kommen mit den Rädern nach. Dabei finden wir zufällig eine Schneise, auf der wir aus dem Packeis in Richtung Olchon weiterkommen, und etwa eine Stunde später können wir wieder auf gutem Eis weiterradeln.
Westküste von Olchon |
Nach zwei Übernachtungen mitten auf dem See erreichen wir die Nordspitze der Insel Olchon. Hier treffen wir wieder auf eine breite "Eisstraße", der wir entlang der Westküste der Insel bis zum Schamanenfelsen folgen. Ein starker Südwind weht und dabei entgegen, so dass wir die 45 km von der Nordspitze bis nach Chushir am selben Tag nicht mehr ganz schaffen. Dafür erreichen wir dann am nächsten Tag in der Mittagszeit bei sonnigem Wetter den Schamanenfelsen, wo wir als einzige Besucher die schöne Landschaft genießen.
Die Westküste von Olchon ist vor allem durch Steppenlanschaft geprägt. Das goldgelbe Gras und die gelb-braunen Blütenstände unterschiedlicher Blumen ragt über die dünne Schneedecke und bilden einen schönen Kontrast zum blauen Himmel. An einigen Stellen gibt es Flecken mit lichtem Lärchen- oder Kiefernwald, die Bäume sind eher knorrig und vom Wind geformt.
In Chushir legen wir einen Pausentag ein: Proviant vervollständigen, Benzin nachfüllen und nach zwei Wochen sich auch mal wieder eine warme Dusche gönnen. Der Ort, der im Sommer von Touristen nur so überquillt, macht Mitte Februar einen sehr verschlafenen Eindruck. Lediglich zwei Lebensmittelläden haben geöffnet, die Souvenirläden, Tourveranstalter, Gasthäuser, etc. haben alle geschlossen. Auch Unterkünfte gibt es wenige, die durchgehend im Winter offen haben, wir quartieren uns somit bei Nikita auf dessen großem Camp-Komplex ein. Wir kommen uns durchaus etwas deplaziert vor, bei all dem Service, den man dort geboten bekommt...
Ostküste von Olchon |
Voll Vorfreude auf die einsame Landschaft der Ostküste der Insel Olchon radeln wir wieder zurück zum Nordkap der Insel, diesmal bei Sonnenschein. Wir beenden den Tag an einer kleinen Bucht an der Nordspitze der Insel und wandern noch hoch zum Felsen des Kap Shunte-Lewi. Die Aussicht auf die Eisstrukturen des Sees, die gelbe Steppe und die in der Ferne sichtbaren Gebirge ist beeindruckend. Natürlich freuen wir uns auch, dass zumindest in dem für uns sichtbaren Abschnitt nach Südosten keine größeren Hindernisse auf dem Eis zu erwarten sind.
Die Ostküste ist landschaftlich sehr abwechslungsreich: Im Norden gibt es noch Steppenlandschaft, dann folgen steile Felsküsten mit über 1000 Meter hohen Bergen, bizarr vereiste Steine an der Küste, und ausgedehnt bewaldete Hänge. Siedlungen gibt mit Ausnahme eines kleinen Dorfes im Nordosten keine. Dafür entdecken wir immer wieder im Schnee an der Küste einige Spuren von Wölfen. War das wirklich nur ein Fuchs, der nachts bellte? Leider bekamen wir die Wölfe nicht zu Gesicht, obwohl einige der Spuren durchaus frisch waren.
Das Wetter war uns nicht immer gut gesonnen, an einem Nachmittag zog unvermittelt ein Sturm aus Süden auf. Schnee wirbelte auf und wir konnten gerade noch mit viel Krafteinsatz weiterradeln bis wir eine windgeschützte Bucht erreichten. Meine Versuche, während unserer Tour einen Zusammenhang zwischen Luftdruckänderungen, Wolkenformationen und den herrschenden Wind- und Wetterverhältnissen herzustellen, muss als gescheitert gelten. Die täglichen Luftdruckänderungen standen in keinem mir erkennbaren Zusammenhang zum herrschenden Wind oder der Bewölkung... Somit war es jeden Tag aufs neue eine "Überraschung", wie sich das Wetter und die Windverhältnisse entwickeln würden.
Baikalwestküste |
Nach drei Tagen Einsamkeit erreichen wir die Westküste des Baikalsees, und sind damit im Bereich des "Great Baikal Trail", wo es in Form von Hütten, Picknickplätzen, etc auch etwas Infrastruktur für Touristen gibt, die wir gerne auch nutzen. Die Landschaft bleibt abwechslungsreich, ebenso wie die Eisverhältnisse. Fast stündlich wechselt die Oberfläche: einmal gibt es gut zu radelndes Blankeis, dann wieder "gefrorene Wellen" (auch "Cornflakes-Eis" oder "Fischschuppen-Eis"), dann wieder Spalten und Packeis, dann wieder ein Bereich mit Schnee... Man weiß also nie, wie die nächsten Kilometer sein werden.
Im Dorf Bolshoje Goloustnoje kaufen wir Schokolade nach. Es ist das Einzige, das auf unserem abwechslungsreichen Proviantplan chronisch zu wenig vorhanden ist.
Wir stellen schließlich fest, dass wir zu "schnell" sind und beschließen daher kürzere Tagesetappen zu fahren. Zusätzlich unternehmen wir die eine oder andere kleine Wanderung am Ufer, und beschließen einfach ganz gemütlich erst mittags bei wärmender Sonne loszufahren.
Sewerobaikalsk bis zur "heiligen Nase" | Südküste
und Baikalbahn |
Die Etappen
Kurzfilmchen der Baikal-Wintertour. Weiter...
Anreise mit der Transsib und BAM bis Sewerobaikalsk und per Rad zum Nordende des Sees. Weiter...
Der schneereiche Norden: Von Sewerobaikalsk bis zur "Heiligen Nase" nach Ust Bargusin. Weiter...
Über den See zur Insel Olchon. Westküste bis Chushir, dann Entlang Ostküste Olchons und der Baikalwestküste bis Listvianka:
Der Süden des Baikal entlang der alten Baikalbahn bis Kultuk. Weiter...
Nach Irkutsk auf der Straße M55. Weiter...
Irkutsk und mit der Transsib zurück. Weiter...
Unsere wintertaugliche Ausrüstung und die Fahrräder. Weiter...