Kuksay 7177m

Oktober/Novemer 2009

2009-10-31: Tag 1

Nachdem wir nach unserer Akklimatierungs-Tour am Kawa Karpo in Kashgar ankamen und am Vortag noch einiges in Kashgar organisiert hatten, liessen wir uns per Taxi zum Karakul See fahren. Abfahrt in Kashgar um 7 Uhr morgens, die Fahrt per PKW dauert etwa 4.5 Stunden, an zwei Militärcheckpoints werden unsere Pässe kontrolliert.

Schliesslich erreichten wir den Punkt, an dem wir uns absetzen lassen, etwas nördlich von Subashi. Von nun an geht es zu Fuss weiter, mit schwerem Rucksack. Die Start-Höhe an der Straße ist 3670 Meter.

Wir folgen einem trockenen Tal bergauf. Trotz der etwa 40 kg im Rucksack kommen wir recht gut voran, die zwei Wochen Akklimatisierungswanderung haben uns gut trainiert. Nach etwa zwei Stunden treffen wir Stefan, der schon zwei Tage vorher zur Akklimatisierung angereist war. Gemeinsam steigen wir noch bis auf 4170 Meter Höhe auf. Ein perfekter Tag, super Wetter, klare, kalte Nacht.

2009-11-01: Tag 2

Bis zum Sonnenaufgang ist es sehr kalt, unser Wasservorrat ist morgens gefroren. Es wird jedoch ein sehr schöner Tag, aber auch sehr anstrengend. Durch ein enges Tal mit großen Geröllbrocken geht es die ersten 200 Höhenmeter bergauf zum Rand des Gletschers. Von dort suchen wir uns einen geeigneten Weg bergauf, immer dem Nordost-Grat folgend. Das Gelände wird jetzt sehr steil, bergauf im losen Schutt. Sehr kraftzehrend.

Auf 4750 Metern Höhe finden wir eine kleine Ebene, wo wir die Zelte aufstellten. Nach Sonnenuntergang sehr kalt. Nachts windig.

2009-11-02: Tag 3

Kalter Morgen. Die Sonne bleibt lange hinter einer Dunstwolke am Gipfel und wärmte nicht. Erst um 8:30 Uhr faingen wir an Schnee zu schmelzen für das Frühstück. Mit dem neuen Kocher (MSR Reactor) geht das relativ schnell und eine halbe Stunde später war das Frühstück bereit.

Erst mittags beschließen wir weiter zu gehen, es bleibt jedoch kalt und windig. Wir steigen etwa 400 Höhenmeter ein steiles Geröllfeld hoch. Immer wieder rutscht man zurück, sehr anstrengend. Pause etwa auf der Hälfte der Strecke mit viel Trinken. Der zweite Abschnitt ist dann etwas weniger steil und wir erreichen ein Plateau auf 5140 Metern Höhe mit Blick zum Gipfel. In einer kleinen Senke bauen wir die Zelte auf. Obwohl wir abends noch etwas Sonne am Zelt haben, bleibt es kalt und windig.

2009-11-03: Tag 4

Sonniger Tag, relativ windstill, aber bewölkt. Akklimatisierungstag.

Waltraud hat leichte Kopfschmerzen, sonst aber keine Probleme. Viel Trinken. Andy und Stefan steigen nochmal zum Camp von gestern ab, holen noch zurückgelassenes Gepäck.

2009-11-04: Tag 5

Heute wollen wir einen Teil des Gepäcks auf eine größere Höhe bringen. Morgens wolkenlos und windstill. Ein guter Tag zum Bergsteigen. Wir fühlen uns alle gut, keine Kopfschmerzen oder ähnliche Probleme.

Die Route führt über lange, steile Geröllpassagen, es ist nicht einfach, da man immer wieder ausrutscht. Wir kommen dennoch gut voran, müssen uns teilweise zur Langsamkeit zwingen. Nur nicht zu schnell aufsteigen. Ab mittag wir der Wind stärker, bei Sturm erreichen wir ein kleines Plateau auf 5730 Meter. Hier werden wir morgen unser Zelt aufbauen.

Einen Teil der Ausrüstung (Schneeschuhe, Proviant) tragen wir noch bis auf 6000 Meter Höhe, dann kehren wir zu den Zelten auf 5130 Metern zurück.

Blick auf die Kongur-Kette und den Karakul See.

2009-11-05: Tag 6

Wir verlegen das Camp von 5130 Metern Höhe auf 5750 Meter. Das Wetter sieht nicht gut aus, bewölkt und kalt. Dennoch beschließen wir, mit großem Rucksack und allem Gepäck aufzusteigen.

Als wir nach 3.5 Stunden Aufstieg den Platz für das Camp erreichen, hat der Wind schon Sturmstärke erreicht. Zu dritt bauen wir das Zelt im Sturm auf und schlichten Steine als Mauer auf. Im Zelt ist es angenehm, obwohl wir uns zu dritt in das Zelt quetschen. Wir kochen erstmal einen Tee. Im Laufe des Nachmittags nimmt die Windstärke zu.

Die Nacht wird eine Horror-Nacht: Der Sturm peitscht um das Zelt und in regelmässigen Abständen wird das Zelt von rollenden Fallwind-Böen erschüttert. Im Zeltinneren vibriert alles. Keiner von uns kann schlafen, die Vibrationen halten uns wach. Jedes Mal, wenn sich eine neue Böe aus Fallwinden grollend ankündigt, halten wir den Atem an: wird das Zelt halten.... Zudem bekommen Andy und Waltraud auch Kopfschmerzen (da haben wir wohl zu wenig getrunken tagsüber...). Immer wieder muss jemand in die kalte Nacht raus und die Zeltleinen nachspannen, die Steinmauer überprüfen, etc.

2009-11-06: Tag 7

Der Sturm hält an. Die Sonne kommt gar nicht durch die Wolkenschicht. Das Innenzelt ist von Innen morgens mit einer dünnen Schneeschicht bedeckt.

Wir bleiben den ganzen Tag im Zelt unterbrochen von Kontrollen der Abspannleinen. An weiteres Aufsteigen ist nicht zu denken, ausserdem wäre heute sowieso ein Akklimatisierungstag. Stefan holt im Laufe des Tages ein paar Gaskartuschen aus dem Depot auf 6000 Metern. Auf dem Grat kann man kaum laufen.

Das Zelt vibriert, wir kochen jetzt im Zelt, die Apsiden sind zu voll mit Pulverschnee und zu windig. Der Luftdruck sinkt und sinkt...

Die zweite Horrornacht: Die Vibrationen des Zeltes übertragen sich auf den Körper, man kann nicht schlafen. Fast stündlich muss jemand raus in die Kälte und die Zeltleinen zu überprüfen. Die ersten Leinen sind gerissen, im kalten Wind versuchen wir, die Leinen zu reparieren. Leichte Erfrierungen an den Fingern.

2009-11-07: Tag 8

In den frühen Morgenstunden reisst der Zeltstoff an der windseitigen Apside. Auch die Abspannleinen halten sicher nicht mehr lange... Wir harren aus, bis es hell wird. Der Entschluss ist gefasst: Wir werden absteigen.

Andy geht nochmal hoch auf 6000 Meter und holt das Depot, Stefan und Waltraud versuchen das Zelt abzubauen, ohne das es wegweht. Durch konzentrietes Arbeiten schaffen wir es, alle Ausrüstungsgegenstände einzupacken, ohne dass uns etwas wegweht.

Der Abstieg gestaltet sich als äusserst schwierig, der Sturm wirft uns mehrfach einfach um. Volle Konzentration ist gefragt. Wir steigen bis auf 4100 Meter ab, bis zu dem kleinen Bach. Nach 6.5 Stunden und 1600 Höhenmeter bergab über steiles Geröll erreichen wir die kleine Wiese. Völlig kaputt. Kochen und trinken viel. Andy und Waltraud haben leichte Frostschäden an den großen Zehen.

2009-11-08: Tag 9

Ruhetag auf der Wiese. Regenerieren, viel Trinken. Nachts hat es geschneit.

Enttäuschung, dass wir wegen dem Sturm am Berg umkehren mussten, bevor wir überhaupt in die schwierigeren Höhen und in den Schnee gekommen sind. Rational betrachtet ist es mit einem kaputten Zelt jedoch sinnlos...

2009-11-09: Tag 10

Nachts wieder Schnee. Morgens weidet eine Herde Yaks am Zelt.

Wir beschließen, den Berg zu verlassen und laufen zurück zur Straße, von wo aus wir nach Kashgar zurückfahren.

Abschlussbetrachtungen

Ja nun, wir haben den Berg leider nicht bestiegen. Schlechtes Wetter kann es zu jeder Jahreszeit geben, gerade an hohen, einzeln stehenden Bergen. Die körperliche Vorbereitung war jedoch gut, Proviant war genug, die Ausrüstung hat im Wesentlichen auch funktioniert.

Das nächste mal: Definitiv werden wir stärkere Zelt-Abspannleinen verwenden.

Das übliche Problem ist die ambitionierte Zeitplanung (je nach Urlaub): Wir hatten zwar drei Reservetage eingeplant, jedoch war ein kompletter Abstieg auf 4000 Meter nicht unbedingt vorgesehen. In unserer Situation wäre ein erneuter Aufstieg nur bei perfektem Wetter möglich gewesen, das jedoch nicht in dem zu Verfügung stehenden Zeitrahmen eintrat.

Klar ist auch: Das Projekt lebt weiter!